Ich habe mittlerweile mehr als 200 Verbraucher in Prozessen gegen Energieversorgungsunternehmen (bezüglich Gas und Thermostrom), insbesondere gegen die e.on Hanse Vertriebs GmbH vertreten und diverse Urteile gegen e.on erstritten.
Bereits seit dem Jahr 2005 wird der Widerstand gegen einseitige Preiserhöhungen von Gasversorgern vor den Zivilgerichten geführt. Angefangen mit einer "Musterklage", initiiert durch die Verbraucherzentrale Hamburg, sind insbesondere die seitens der e.on Hanse AG (heute: e.on Hanse Vertrieb GmbH) vorgenommenen drastischen Preissteigerungen Gegenstand von Urteilen der Gerichte in ganz Norddeutschland gewesen. In keinem Urteil ist der Rechtsauffassung von e.on gefolgt worden. Vielmehr haben bisher alle Gerichte unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) die seitens der e.on in den Gaslieferungsverträgen ("Klassik-Gas") verwandte Preisanpassungsklausel ("e.on ist berechtigt, ihre Preise der Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt anzupassen") für unwirksam gehalten und auch den Umweg, zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Preiserhöhungen über eine "ergänzende Vertragsauslegung" zu kommen, abgelehnt.
Folgende BGH-Entscheidungen wurden zunächst von den Instanzgerichten herangezogen:
- BGH, KZR 2/07 vom 29.04.2008 – „Erdgassondervertrag“,
- BGH, VIII ZR 274/06 vom 19.12.2008 – „Regionalgas Euskirchen“,
- BGH, VIII ZR 225/07 vom 15.07.2009 – „GASAG I“,
- BGH, VIII ZR 312/08 vom 13.10.2009 – „GASAG II“,
- BGH, VIII ZR 320/07 vom 28.10.2009 – „Stadtwerke Bremen“,
- BGH, VIII ZR 81/08 vom 13.01.2010 – „Stadtwerke Essen“,
- BGH, VIII ZR 312/08 vom 26.01.2010 – „GASAG III“,
- BGH, VIII ZR 246/08 vom 14.07.2010 – „EWE“.
U.a. mit folgenden Entscheidungen sind die Klagen der eon Hanse Vertrieb GmbH gegen Widerspruchskunden zurück gewiesen worden:
Amtsgericht Winsen (Luhe) vom 12.01.2010, Gz. 18 C 861/09, Amtsgericht Reinbek vom 24.02.2010, Gz. 5 C 366/09, Amtsgericht Hamburg-Bergedorf vom 12.02.2010, Gz. 410A C 183/09, Amtsgericht Hamburg vom 24.02.2010, Gz. 17A C 223/09, Amtsgericht Tostedt vom 24.02.2010, Gz. 18 C 180/09, Amtsgericht Ahrensburg vom 10.03.2010, Gz. 48 C 682/09, Amtsgericht Hamburg-Wandsbek vom 30.03.2010, Gz. 716C C 8/10, Amtsgericht Hamburg-Altona vom 01.04.2010, Gz. 314B C 288/09, Amtsgericht Hamburg vom 19.04.2010, Gz. 5 C 125/09, Amtsgericht Hamburg-St. Georg vom 22.04.2010, Gz. 922 C 435/09, Amtsgericht Hamburg-Altona vom 23.04.2010, Gz. 314B C 287/09, Amtsgericht Bad Segeberg vom 23.04.2010, Gz. 9 C 252/09, Amtsgericht Hamburg-Wandsbek vom 07.05.2010, Gz. 716B C 100/09, Amtsgericht Norderstedt vom 19.05.2010, Gz. 42 C 841/09 und Gz. 42 C 821/09, Amtsgericht Norderstedt vom 21.05.2010, Gz. 47 C 863/09, Gz. 47 C 873/09, Gz. 47 C 1043/09, Amtsgericht Hamburg-Harburg vom 21.05.2010, Gz. 641 C 323/09, Amtsgericht Hamburg-St. Georg vom 21.05.2010, Gz. 919 C 258/09, Amtsgericht Hamburg vom 01.06.2010, Gz. 23A C 168/09, Gz. 23A C 167/09, Gz. 23A C 163/09, Gz. 23A C 171/09 sowie Gz. 23A C 162/09, Amtsgericht Parchim vom 10.06.2010, Gz. 12 C 350/09, Amtsgericht Hamburg-Barmbek vom 25.06.2010, Gz. 822 C 319/09, Amtsgericht Hamburg-Wandsbek Gz. 711 C 115/09 vom 24.06.2010, Amtsgericht Hamburg-Harburg, Gz. 642 C 295/09 vom 29.06.2010, Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Gz. 815 C 109/09 vom 08.07.2010, Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, Gz. 408 C 175/09 vom 09.09.2010, Amtsgericht Hamburg-Harburg, Gz. 644 C 306/09 vom 20.09.2010, Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Gz. 823 C 143/09 vom 15.10.2010, Amtsgericht Tostedt, Gz. 5 C 221/09 vom 28.10.2010, Amtsgericht Hamburg, Gz. 7B C 130/09 vom 05.11.2010, Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Gz. 823 C 166/09 vom 05.11.2010 und Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Gz. 813B C 112/09 vom 16.11.2010
Landgericht Hamburg vom 15.04.2011, Gz. 317 S 103/10, vom 18.04.2011, LG HH Gz. 317 S 103/10, LG HH vom 11.05.2011, Gz. 318 S 82/10, LG HH vom 18.05.2011, Gz. 318 S 22/10, Gz. 318 S 177/10 und 318 S 99/10, LG HH vom 25.05.2011, Gz. 318 S 29/10, LG HH vom 03.06.2011 Gz. 317 S 76/10. Landgericht Hamburg vom 11.07.2011, Gz. 317 S 86/10, LG Kiel vom 21.12.2010, Gz. 1 S 167/10, LG Kiel vom 13.01.2011, Gz. 12 O 9/10, LG Kiel vom 27.01.2011, Gz. 10 S 28/10, LG Lübeck vom 10.01.2011, Gz. 1 S 68/10, LG Lübeck vom 11.02.2011, Gz. 131/09, LG Lübeck vom 18.02.2011, Gz. 6 O 25/09, LG Itzehoe vom 28.01.2011, Gz. 9 S 72/10.
Seit der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.03.2012 (Az.: VII ZR 93/11 und 113/11) ist nun auch höchstrichterlich geklärt, dass die "Wärmemarktklausel" unwirksam ist und e.on keinen Zahlungsanspruch auf Grundlage der von ihr einseitig erhöhten Gaspreise hat.
Das Landgericht Hamburg hat sodann in diversen Entscheidungen mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH Berufungen der e.on gegen ihr unliebsamen Urteile der Amtsgerichte verworfen.
Selbst das Hanseatische Oberlandesgericht, das offenbar beabsichtigt hatte, das Musterverfahren der Verbraucherzentrale Hamburg nach dem Motto "allein gegen alle" zugunsten der e.on zu entscheiden, musste sich letztlich der BGH-Entscheidung beugen und wies im Hinweisbeschluss vom 19.03.2012 (Az.: 11 U 70/10) darauf hin, dass nunmehr die Berufung der e.on keine Aussicht auf erfolg mehr habe, woraufhin diese das Rechtsmittel zur Vermeidung einer weiteren für sie negativen Entscheidung zurück nahm.
Durch den BGH geklärt ist nun auch die Frage des Verjährungsbeginns bei Rückzahlungsansprüchen wegen Gaspreisüberzahlungen:
Die Verjährung beginnt hier (entgegen der Rechtsauffassung der Versorgungsunternehmen) nicht bereits mit dem Zeitpunkt der geleisteten Abschlagszahlungen, sondern erst mit der Erteilung der Jahresabrechnung (BGH, Urteil vom 23.05.2012 zum Az.: VIII ZR 210/11 - auf Entscheidungen des AG Hamburg-Altona und des LG Hamburg).
Wichtig für alle Verbraucher, die nach erfolgreicher Abwehr einer Zahlungsklage der e.on nun selbst Rückforderungsansprüche einklagen wollen:
Die Forderung gegenüber e.on berechnet sich nicht zwingend auf Basis des Arbeits- und Grundpreises, den das Gericht der Zahlungsklage zugrunde gelegt hat! Vielfach sind diese Urteile vor dem Grundsatzurteil des BGH vom 14.03.2012 rechtskräftig abgeschlossen worden. Die Berechnungsmethode des BGH (einfach gesagt: Preis, der drei Jahre vor Einlegung des Widerspruches galt) führt häufig zu einem niedrigeren Preis. Durch das rechtskräftige Urteil des vorherigen Verfahrens gegen e.on ist keine Bindung an die darin enthaltene Berechnungsmethode entstanden (siehe das von mir erstrittene rechtskräftige Urteil des AG Hamburg vom 14.05.2013 zum Az.: 7 b C 149/12).